Von Mareike Ehlers
GRONAU. Der Tagesordnungspunkt „Bockhof“ hat im Finanz- und Bauausschuss der Stadt Gronau ordentlich die Gemüter erhitzt – sowohl die der Ausschussmitglieder als auch die einiger Bürger. Die Gründe waren jedoch unterschiedlicher Natur.
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„Können und dürfen uns das nicht bieten lassen“: Stadtdirektor Rainer Mertens (l.) findet im jüngsten Bauausschuss der Stadt Gronau deutliche Worte, nachdem KWG-Geschäftsführer Matthias Kaufmann (Foto unten) offenbart, dass die Denkmalpflege möglicherweise auch kein grünes Licht für den Alternativ-Entwurf für ein Argentum am Bosch‘schen Hof geben wird. Fotos: Ehlers
Gut besucht war die Sitzung, weil die Pläne des Investors hinsichtlich der Realisierung eines Argentums im Bock’schen Hof vorgestellt wurden – und zwar die zweite Variante. Rückblick: Die Kreiswohnbaugesellschaft (KWG), die den zwischen dem Bürgermeisterhaus und Museum befindlichen Bockhof I sanieren und als Argentum-Anlage ausweisen möchte, hatte zunächst vorgesehen, einen benötigten Erweiterungsbau für die geplante Wohnanlage hinter dem vorhandenen Gebäude im Gartenbereich zu positionieren. Allerdings wurde die Bauvoranfrage von der genehmigenden Behörde, dem Landkreis Hildesheim, aus Sicht der Denkmalpflege abgelehnt (die LDZ berichtete).
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kwg-Geschäftsführer Matthias Kaufmann trägt das Argentum-Vorhaben vor.
Im Ausschuss präsentierte KWG-Geschäftsführer Matthias Kaufmann die ausgearbeitete zweite Variante, die den Belangen des Denkmalschutzes Rechnung tragen sollte, und jetzt einen seitlichen Anbau in Richtung Bürgermeisterhaus vorsieht. Doch nachdem Kaufmann kurz die grundsätzliche Idee der Argentum-Anlage, die es in ähnlicher Form bereits in Sarstedt, Bad Salzdetfurth und neu auch in Elze gibt, erläutert und erste Entwurfspläne der zweiten Variante präsentiert hatte, folgten weniger gute Nachrichten für die Projekt-Unterstützer: Wie Kaufmann mitteilte, habe zwischenzeitlich die Denkmalpflege auch bei dieser Variante, die als letzte Möglichkeit der Projektrealisierung betrachtet wird, signalisiert, womöglich auch hier kein grünes Licht zu geben, weil nun die Mauer im Fokus des Denkmalschutzes stünde. Heißt: Das Argentum-Wohnbauprojekt der KWG am Bockhof könnte buchstäblich scheitern, was folglich für einen Aufschrei innerhalb der Verwaltung und des Ausschusses gesorgt hat, die im Vorfeld Kenntnis davon hatten. So fand Stadtdirektor Rainer Mertens angesichts dieser Entwicklung deutliche Worte und machte seinem Ärger Luft. Er dankte zunächst einmal dem Investor, der nach der ersten Ablehnung am Ball geblieben ist und nach einer weiteren Alternative gesucht hat. „Ich persönlich könnte es mir vorstellen“, meinte der Stadtdirektor im Hinblick auf die Umsetzung der zweiten Variante – verbunden mit dem Hinweis, dass es „sicherlich nicht die Vorzugsvariante ist“. Er zeigte sich jedoch derart verärgert, „dass die Denkmalpflege selbst eine solche Variante zunichte macht. Das hat für mich das Fass zum Überlaufen gebracht“, so Mertens, da dies jegliche Veränderung nun unmöglich mache, was letztlich zur Konsequenz habe, dass dieses Gebäude sukzessive verfällt. Schon sein Vorgänger habe vor 20 Jahren versucht, das Gebäude zu kaufen beziehungsweise einer sinnvollen Nutzung zu unterziehen, berichtete Mertens – der sich das von der Denkmalpflege nicht gefallen lassen möchte und den Ausschuss um Rückendeckung bat.
„Dass die Denkmalpflege uns hier so Ketten anlegt, dass wir keinerlei Handlungsmöglichkeit haben und so das Gebäude vorsätzlich dem Verfall zugeführt wird, das dürfen und könnenwir uns nicht gefallen lassen“, erklärte Stadtdirektor Rainer Mertens im Bauausschuss seinen Entschluss, das mögliche „Projektsterben“ am Bock‘schen Hof nicht kampflos hinnehmen zu wollen.
„Ich würde es sehr begrüßen, wenn ich als Verwaltung hier von ihrer Seite über eine solche Resolution den Rückenwind hätte und würde mich sehr freuen, wenn wir Herrn Kaufmann ein deutliches Signal geben“, appellierte Mertens an das Gremium. Unabhängig davon sei man bereits im politischen Raum auf der Landesebene tätig geworden, informierte Mertens. „Ich werde auch meine Wege nutzen, um hier diese Entwicklung, die aus meiner Sicht eine sehr einsame Entscheidung ist und nicht im Interesse der Menschen sein kann, zugehen.“ Seiner Ansicht nach sei Denkmalpflege kein Selbstzweck, sie müsse unterm Strich immer den Menschen dienen. Mertens sähe sich nach der zweiten Variante mit der erklärendenen Ablehnung „Mauer als Denkmal“ in der Pflicht, dagegen anzugehen – „und zwar mit aller Konsequenz.“
Resolution
Die von Ratsherrn Albert Rehse ausgearbeitete Resolution hatte der SPD-Fraktionsvorsitzende Rainer Mundt eingebracht. Er machte die Position der Sozialdemokraten und das Ziel der Resolution deutlich: „Wir wollen uns damit klar positionieren: Wir stehen hinter dem Projekt und wollen die Denkmalpflege auffordern, mit uns oder dem Investor zu sprechen“, so Mundt. Der Rat der Stadt Gronau fordert in dem Entwurf allerdings die Denkmalpflege auf, bei den Verhandlungen mit der KWG auf Basis der ursprünglichen Idee zu einer Entscheidung zu kommen, sprich: mit einem denkmalgerechten Erweiterungsbau nach Nord-Westen in den Garten.
Mundt hatte zuvor seitens der SPD-Fraktion untermauert, dass man das wichtige und wertvolle Gebäude „Bockhof“ gerne erhalten möchte und sich die Frage, ob man das alleine stemmen könne, von alleine beantworte. Daher freue man sich über einen Investor, der das Gebäude erhalten möchte. Die Kritik, dass man in Gronau dann zu viel seniorengerechtes Wohnen anbieten würde, könne er nicht teilen – ganz im Gegenteil: „Ich glaube, dass der Bedarf weiter steigen wird. Sich den rückwärtigen Bereich des Gebäudes noch einmal anzuschauen, sei laut Mundt wünschenswert, da man die erste Variante favorisiere. Das Raunen der Zuhörer habe man bei der zweiten Variante mit dem dazwischengesetzten Anbau vernommen, so Mundt.
Sachstand
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Die zweite Variante der Argentum-Realisierung sieht zum bestehenden Bockhof (links), der saniert würde, einen seitlichen Anbau als modernen Erweiterungsbau vor. Rechts: Das Bürgermeisterhaus. Visualisierung: KGW/Hirsch Architekten
Die Bauvorlage der zweiten Varinate läge derzeit noch beim Landkreis, allerdings habe sich bereits das niedersächsische Landesamt für Denkmalschutz gemeldet und alle Wände auf der Grundstücksgrenze als schützenswert eingestuft. Das Verfahren sei zwar erst angelaufen, erläuterte KGW-Geschäftsführer Matthias Kaufmann im Ausschuss, er müsse jedoch damit rechnen, dass sein Argentum- Projekt abgelehnt wird. Die Wahrscheinlichkeit, dass man auf dem Grundstück überhaupt etwas bauen kann, könne er derzeit nicht einschätzen, sagt Kaufmann auf LDZ-Nachfrage. „Es wird aber schwer“, fasste er zusammen. „Ich fände es sehr schade, wenn das Projekt scheitern würde, weil es eine ganz hervorragende Entwicklungsmöglichkeit für die Immobilie ist“, so Kaufmann.
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Auch Raunen ist zwischenzeitlich aus dem Publikum zu hören: Etliche Bürger verfolgen die Wohnbau-Pläne der KWG zum Bockhof. Foto: Ehlers
Was den zweiten Entwurf mit dem seitlichen Anbau im vorderen Bereich des Bock‘schen Hofes angeht, würden nach der Planung 17 Wohnungen entstehen, von denen sich sechs im alten Bockhof-Gebäude und elf im Neubau befänden. Das Bockhof-Gebäude sei in einem „mittelprächtigen“ Zustand und bedürfe eines erheblichen Sanierungsaufwands, der Neubau sei als moderner Erweiterungsbau geplant – als Gelenk dazu sei ein Aufzug und Treppenhaus als seitliche Erschließung vorgesehen. Ziel sei es, eine attraktive und barrierefreie Wohnanlage zu verwirklichen. Im Rahmen der Einwohnerfragestunde hatten sich Gegner des Argentum- Projektes zu Wort gemeldet, ebenfalls sehr impulsiv. So etwa Steffi Heisig, die sich als langjährige Bewohnerin des Bockhofs für den Erhalt des Gebäudes stark machte, obwohl sie und weitere Mieter aufgrund eines neuen Eigentümers und der Argentum- Pläne bereits ausziehen musste, wie Heisig mit Bedauern berichtete. „Ich lebe in einem Kulturdenkmal mit ganz viel Geschichte – und hänge an dem Haus“, betonte sie.
Beschluss
Letztlich wurde der Beschluss einstimmig wie folgt gefasst: Die Stadt begrüßt das Argentum-Vorhaben am Bockhof. Der Rat der Stadt Gronau favorisiert die erste Variante und beauftragt die Verwaltung mit der Denkmalschutzbehörde Gesprächen aufzunehmen und beschließt die von Rehse formulierte Resolution.
Quelle: Leine-Deister-Zeitung, 01. November 2018