VON TAREK ABU AJAMIEH
ELZE. Wenn es in der 2. Bundesliga mal auch so rund laufen würde wie in diesem großen Elzer Hinterhof: Hannover 96 macht alles platt – und schon nach wenigen Wochen steht kein Gegner mehr. Doch es ist nur ein Bagger, den die Baufirma Wallner komplett mit 96-Farben und dem Vereinslogo dekoriert hat, der an der Hauptstraße alte Gebäude abreißt und nebenbei zur Attraktion für die vielen Baustellen-Touristen geworden ist, die täglich vorbeischauen.
Rolf Pfeiffer und Matthias Kaufmann dürfte es herzlich egal sein, ob der Bagger mit dem Wappen von Hannover 96, Eintracht Braunschweig oder Bayern München unterwegs ist. Hauptsache, die Maschine schafft was weg, dürften sich der Bürgermeister von Elze und der Geschäftsführer der Kreiswohnbau GmbH sagen. Und das tut sie zusammen mit einem weiteren Bagger seit Tagen. Bis zum Jahresende soll nichts mehr an die beiden Wohn- und Geschäftshäuser zur Hauptstraße hin sowie an die alte Scheune und die Garagen auf dem Innenhof erinnern. Das wünschen sich Stadt und Unternehmen gleichermaßen.
Erstere, weil kein Einzelfall mehr ist, was sich an der Ecke Hauptstraße/ Königsberger Straße abspielt. Die Stadt hat ihren ganz eigenen Weg gefunden, ihr Zentrum aufzupeppen (siehe Kasten).
Sie kauft alte Immobilien auf und gewinnt so Gestaltungsmöglichkeiten, hinzu (siehe Kasten). Die Kreiswohnbau bekommt die Möglichkeit, auf drei zu einem Areal zusammengefassten Grundstücken ein weiteres „Argentum“ zu bauen – ein Haus mit 17 barrierefrei erreichbaren Wohnungen mit Tagespflege und medizinischem Versorgungszentrum im Erdgeschoss. Auch die Sparkasse wechselt den Standort, richtet im Erdgeschoss ihre neue Filiale ein.
Vergleichbare Anlagen unterhält die Kreiswohnbau bereits in Sarstedt (zweimal) und Bad Salzdetfurth, eine weitere entsteht in Algermissen. Und die Mieter stehen überall Schlange, auch in Elze, wo die ersten Bewohner wohl Anfang 2018 einziehen können. Baustart soll Anfang nächsten Jahres sein, insgesamt investiert die Kreiswohnbau in Elze 6,5 Millionen Euro. Die 65 bis 70 Quadratmeter großen Wohnungen sollen für 8 Euro pro Quadratmeter zu haben sein.
Dafür weichen muss unter anderem das bisherige Gebäude des Restaurants Odysseus. Dessen Betreiber hat inzwischen in einem moderneren Gebäude auf der anderen Straßenseite wiedereröffnet, seine Werbeschilder hängen allerdings noch am alten Standort. „Die sollte er mal langsam retten“, unkt Kreiswohnbau- Chef Kaufmann mit Blick auf den Fortschritt der Bagger. Und auch das Eckhaus, in dem zuletzt das Bekleidungsgeschäft NKD zu Hause war, wird in den kommenden Wochen der Abrissbirne zum Opfer fallen.
Was für die Elzer auch bedeutet: Bis ein Stück ihrer Innenstadt in neuem Glanz erstrahlt, müssen sie auf ihrer Hauptstraße besonders vorsichtig sein. Die ist vor der Baustelle durch Absperrungen zur Baustelle hin etwas schmaler, an- und abfahrende Transporter sorgen regelmäßig für heikle Situationen auf der verengten Fahrbahn.
Doch die Mühe soll sich lohnen – für Stadt und Kreiswohnbau. Und wenn es auch für die Baufirma gut läuft, spielt Hannover 96 wieder in der 1. Liga, wenn die ersten Argentum-Bewohner einziehen.
Eine Stadt kauft Schrottimmobilien auf
Städtebauförderung – das ist zunächst einmal ein recht abstrakter Begriff. In Elze werden die Auswirkungen des Programms aber an immer mehr Ecken sichtbar. Die Stadt nutzt immer wieder die Gelegenheit, alte Häuser zu kaufen, die sonst keiner mehr haben will und die ansonsten womöglich noch über Jahre leer an der Hauptstraße herumstehen würden. Weil sie durch das Förderprogramm (insgesamt 9 Millionen Euro über acht bis zehn Jahre) nur ein Drittel der Kosten tatsächlich tragen muss, kann sie Immobiliengeschäfte stemmen, die sonst nicht drin wären – und erwirbt damit zugleich die Möglichkeit, selbst zu bestimmen, was genau dort künftig passiert. Sieben Immobilien hat die Stadt auf diesem Wege inzwischen erworben, verkauft beim aktuellen Projekt zwei wieder an die Kreiswohnbau. Auf ähnlichem Weg sollen in den nächsten Jahren Edeka und DM einen gemeinsamen Standort in der Innenstadt bekommen – zu Fuß erreichbar für die Argentum-Mieter und andere Anlieger. abu
Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 15. November 2016