
Joachim Rademacher bringt die Lampen in der neuen Wohnung der Bodenburgerin Helga Jarsumbeck an. Fotos: A. Hempen
von Andrea Hempen
Bad Salzdetfurth. Joachim Rademacher steht auf der Leiter und schraubt die Küchenlampe an. Auf einem Umzugskarton im Wohnzimmer liegt noch eine Lampe, die ist als Nächstes dran. Rademacher hilft beim Umzug von Helga Jarsumbeck. Die 82-Jährige verlässt ihr Einfamilienhaus in Bodenburg und zieht in eine der Wohnungen im Argentum, dem umgebauten Hotel Kaiserhof in Bad Salzdetfurth. Jarsumbecks Vermieterin ist die Kreiswohnbau. Die hat das einstige Hotel für 3,5 Millionen Euro umgebaut und erweitert (diese Zeitung berichtete). Und das unter erschwerten Bedingungen, denn die Fassade ist denkmalgeschützt. Entstanden sind 19 barrierefreie Wohnungen inklusive Tiefgaragenparkplatz. In einem Teil des Erdgeschosses bietet die Tagespflege des Arbeiter-Samariter-Bundes (ASB) ihre Dienste an.

Ute Hoppe ist ganz begeistert von der neuen Wohnung ihrer Mutter. Das freut die Kreiswohnbau-Männer Matthias Kaufmann (Mitte) und Marc Thoma.
Ute Hoppe stellt ein Körbchen mit Frühlingsblumen auf den Terrassentisch. „Da haben wir uns die schönste Wohnung gesichert“, sagt die Bodenburgerin. Dass dem so ist, davon musste sie ihre Mutter Helga Jarsumbeck allerdings erst überzeugen. Ganz einfach mag es wohl nicht gewesen sein. Schließlich gibt die alte Dame ein Haus voller Erinnerungen auf – und eine gute Nachbarschaft. „Ich bin schon ein bisschen traurig, dass sie geht“, gesteht Gabi Küppers. Auch die Nachbarin packt beim Umzug mit an. Nur die Hauptperson fehlt. Sie soll von dem Trubel nicht allzu viel mitbekommen. „Wir haben sie zur Fußpflege geschickt. Ein bisschen Wellness“, erzählt Ute Hoppe dem Kreiswohnbau-Geschäftsführer, Matthias Kaufmann. Der hat mit Marc Thoma, Kreiswohnbau-Abteilungsleiter Bad Salzdetfurth, gerade eine Gruppe durch den Neubau geführt. Kaufmann strahlt. Endlich zieht Leben in die Anlage. „Dieses Projekt hat mir richtig Spaß gemacht“, sagt Kaufmann und man glaubt es ihm sofort. Mit Begeisterung stellt er jedes Detail im Gebäudekomplex vor. Von den automatischen Türöffnern im ganzen Haus, den Notlichtern in jedem einzelnen Wohnungsflur, den Fensteröffnern in den Badezimmern oder von den Kellerräumen, die nur grob verputzt einen ganz besonderen Charme haben.

Früher Kaiserhof jetzt Argentum.
Kaufmann schließt die Tür zur Tagespflege im Erdgeschoss auf. Der ASB zieht zum 1. Mai ein. Das Tagespflegeangebot kann jeder, der Bedarf hat, in Anspruch nehmen. Er muss kein Mieter sein. „Sogar Patienten, die bettlägerig sind, können hier stundenweise betreut werden“, sagt Kaufmann und öffnet die Tür zu einem der vier dafür vorgesehenen Zimmer. Im ehemaligen Gaststättenbereich ist der Gemeinschaftsraum eingerichtet. Dort wird der ASB Kaffeenachmittage ausrichten. An den Wochenenden gehören die Räume den Kreiswohnbau-Mietern. Auch denen, die nicht in der Oberstraße wohnen. Sie können den Raum vom ASB mieten und dort Feste feiern.
„Riechen Sie etwas?“, fragt Kaufmann und schnuppert in die Luft. „Es riecht nicht mehr nach Kneipe“, sagt er und strahlt. Ein wenig habe er die Befürchtung gehabt, dass der Geruch von Bier und Zigaretten niemals aus dem Gebäude verschwinden könnte. Doch jetzt riecht es frisch, nach Farbe und neuen Möbeln.
Eine Wohnung ist noch zu haben. „Die schönste“, sagt Marc Thoma. Die gefalle sicher auch jungen Leuten – die sind als Mieter ebenfalls willkommen. Denn das Argentum ist nicht nur für Senoren bestimmt. Die 103-Quadratmeter-Wohnung im Dachgeschoss bietet eine riesige uneinsehbare Terrasse und Küche im Türmchenzimmer.
Bei der Planung des Argentum Bad Salzdetfurth ist übrigens auch das Landeskriminalamt mit einbezogen worden. Ziel der Kreiswohnbau ist es, die Anlage als „Sicheres Gebäude“ zertifizieren zu lassen. „Das Zertifikat ist beim Land beantragt. Wir bekommen es sicher“, ist Kaufmann überzeugt. Emotionale Sicherheit will Ute Hoppe ihrer Mutter in deren erster Nacht in der neuen Wohnung geben. „Heute schlafe ich hier“, sagt die Tochter. Auf Hilfe ist ihre Mutter auch mit 82 Jahren nicht angewiesen. Sie meistert ihr Leben alleine. Der Komfort der neuen Bleibe soll ihr den Alltag noch ein Stück erleichtern. Joachim Rademacher klappt die Aluleiter zusammen, trägt sie ins Wohnzimmer. Die Küche steht, nun ist die letzte Lampe an der Reihe.
Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 07. April 2015