
Leer: die ehemalige Pizzeria in der Ladenzeile.

Leer: der ehemalige Kolping-Laden.

Leer: die Plotterie, seit Anfang Februar zu.

Leer: TM-Coffee, seit einem Jahr in den Startlöchern. Fotos: Wedig
Sarstedt (tw). Anfang dieses Monats hat wieder ein Laden den Sarstedter Stadtteil Giebelstieg verlassen: Die Plotterie an der Voss-Straße zog in den Laatzener Ortsteil Ingeln-Oesselse um. Im November hatte sich erst die Pizzeria Vasi aus Giebelstieg verabschiedet, die Inhaber-Familie eröffnete in der Sarstedter Innenstadt ein neues Restaurant.
Mittlerweile stehen in dem Stadtteil im Süden der Stadt schon einige Läden leer. Seit Sommer 2011 gibt es die Fleischerei in der Ladenzeile an der Lönsstraße nicht mehr, viele Kunden waren zu den Wursttheken der Supermärkte abgewandert.
Mancher Einwohner von Giebelstieg findet die Entwicklung traurig – zum Beispiel Joachim Kaiser, der seit vielen Jahren in dem Stadtteil verwurzelt ist. Läden in der Nähe: Das sind für ihn auch Treffpunkte für die Bürger. So war die Pizzeria mehr als eine Ess-Stätte, sie war die letzte Kneipe im Viertel, ihre Fußballabende führten die Menschen zusammen. Zwar sind da die Läden im Fachmarktzentrum am Kreisel. „Die Versorgung ist gesichert“, sagt Kaiser, ergänzt aber: „Das Soziale ist nicht der Rede wert.“
Seine Bilanz der vergangenen Jahre fällt düster aus: „Sparkasse weg, Schreibwarenladen weg, Schlachter weg, Stadtteilkneipe weg, und der Blumenladen hatte keine Chance.“ Immerhin habe sich für die Ladenzeile ein neuer Friseur gefunden, „und die Apotheke ist auch noch da.“ Daneben liegen Läden, die der Durchschnitts-Einwohner nicht gerade das ganze Leben lang braucht: Fußpflege und Fahrschule. Vor 14 Jahren, im Februar 2000, hatte Kaiser in einem Leserbrief in dieser Zeitung bereits mit Bedauern auf die ersten Ansätze der Entwicklung hingewiesen, dass mit Läden auch Leben aus dem Stadtteil schwindet. Damals gab nach der Volksbank auch die Sparkasse ihre Filiale in Giebelstieg auf und nahm den Einwohnern nach seinem Empfinden damit auch ein Stück Lebensqualität. Kaiser sieht wichtige Unternehmen wie die Geldinstitute auch in der Pflicht, sich nicht zurückzuziehen. Eine besondere Verantwortung sieht er auch bei der Kreiswohnbau als Vermieterin der Ladenzeile.
„Die Ladenzeile hat für uns auch einen großen Stellenwert“, sagt Kreiswohnbau-Prokurist Ralf Oelkers. „Wir gehen immer wieder aktiv auf mögliche Interessenten zu, sogar in Hannover.“ Immerhin habe sich recht schnell ein Nachfolger für den Friseursalon von Heinz Szymanski gefunden, der dort 50 Jahre lang eine Institution war. Bei der Fleischerei sei die Nachfolge nicht so einfach gewesen. „Wir haben damals viele Ketten angesprochen“, berichtet er, „aber für die war eine Filiale dort nicht interessant.“
Oelkers hofft, dass es der Kreiswohnbau bald gelingt, wieder Leben in die Räume der Pizzeria zu bringen. Außerdem steht in der Ladenzeile noch der ehemalige Kolping-Laden leer. Doch der ist nur rund 45 Quadratmeter groß und kommt nur für wenige Branchen in Frage. „Wir wollen die Leerstände auch nicht mit Gewalt vermieten“, sagt Oelkers, „die Angebote müssen in das Umfeld passen und langfristig funktionieren.“ Da gehe Nachhaltigkeit vor Schnelligkeit.
Einen neuen Treffpunkt hatte sich mancher Giebelstieger von dem neuen Café TM-Coffee erhofft. Das ist im Laden neben dem „Fressnapf“ im Fachmarktzentrum zwar schon seit Monaten eingerichtet, aber immer noch nicht eröffnet. Vor einem Jahr sollte es den Betrieb aufnehmen, ein halbes Jahr später berichtete der Inhaber von bürokratischen Verzögerungen, nun reagierte er nicht einmal mehr auf eine Anfrage dieser Zeitung. Das Café kommt nicht aus den Startlöchern. Vielleicht findet sich noch eher ein neuer Nutzer für die Pizzeria im Herzen von Giebelstieg. Vermieter Oelkers zeigt sich optimistisch: „Wir bleiben am Ball.“
Quelle: Sarstedter Anzeiger der Hildesheimer Allgemeinen Zeitung, 07. Februar 2014