
Über den Verkauf des Grundstücks in der Bleekstraße, auf denen zwei Mehrfamilienhäuser entstehen sollen, gibt es Disput. GRAFIK: KWG
Von Viktoria Hübner
Sarstedt. Der Rat der Stadt Sarstedt fällt am 1. Oktober die endgültige Entscheidung darüber, ob die Stadt ihr Grundstück in der Bleekstraße für 380 000 Euro an die Kreiswohnbaugesellschaft (kwg) verkaufen kann. Wie berichtet sollen auf dem Gelände des ehemaligen Bauhofs unter anderem Sozialwohnungen entstehen. Grünes Licht dafür gab es bereits im Finanz- und Wirtschaftsausschuss. Dennoch üben weiterhin Kommunalpolitiker Kritik an dem Vorhaben. So bemängelte Wolfgang Jäckel (CDU) sowohl im Finanz- als auch im Stadtentwicklungsausschuss, dass die kwg „das Filetstück für unheimlich günstiges Geld“ bekomme – und legte zur Untermauerung Zahlen vor. Bürgermeisterin Heike Brennecke, die bei beiden Sitzungen nicht anwesend war, wehrt sich nun gegen den Vorwurf. Zudem seien die Zahlen, denen sich Jäckel bedient, schlicht nicht richtig.
■ Der Grundstückskauf
Die Verkaufssumme von 380 000 Euro basiert auf dem Wertgutachten eines unabhängigen Sachverständigen. „Das ist das Maß der Dinge und Grundlage für den Verkauf“, erläutert Matthias Kaufmann, Geschäftsführer der Kreiswohnbau. Ein Bieterverfahren ist bei einem Verkehrswertgutachten nicht erforderlich. Wobei der Verkehrswert, so betont Kaufmann, nicht mit dem Verkaufspreis gleichzusetzen sei. Doch sein Unternehmen dürfe nur Geschäfte nach dem Verkehrswert machen. „Ich beteilige mich daher bei meinen eigenen Gesellschaftern (Städte und Samtgemeinden) nicht bei Ausschreibungen um Grundstücke“, sagt Kaufmann. Unter anderem geht es dem Geschäftsführer dabei auch um Gleichbehandlung. „Ich darf außerhalb meiner jährlichen Dividende den Gesellschaftern nichts zukommen lassen.“
„Natürlich hätten wir das Grundstück auf den freien Markt werfen können“, sagt Brennecke. Doch auf diesem Weg sei die Stadt nicht in der Lage, an der Verwirklichung sozialen Wohnungsbaus zu arbeiten. Genau in diesem Punkt, so Brennecke, müsse sich die Gemeinde aber kümmern.„ Kleine günstige Wohnungen werden wir brauchen, gerade vor dem Hintergrund des demografischen Wandels.“ Warum dann nicht auf einem „schönen Grundstück innerhalb der Stadt realisieren“? Anfragen von weiteren Investoren zum Bau sozialer Wohnungen liegen laut Brennecke nicht vor.
■ Förderung sozialer Wohnungsbau
Wie berichtet rechnete Jäckel im Finanzausschuss vor, dass die NBank das 9-Millionen-Euro-Vorhaben zu 85 Prozent, zinslos, fördert. Nach 20 Jahren könnte die kwg 30 Prozent des Kreditanteils dann erlassen bekommen, umgerechnet 2,3 Millionen Euro.
Kaufmann legt dagegen folgende Rechnung vor: 48 Wohnungen für 9 Millionen Euro lässt die kwg bauen. 24 Wohnungen davon sind für niedrige Einkommen gedacht. Das heißt, die Miete darf dort maximal 5,60 Euro pro Quadratmeter kosten – festgelegt auf 30 Jahre. Einziehen darf nur, wer über einen Wohnungsberechtigungsschein, kurz B-Schein, verfügt. Diese Wohnungen für Geringverdiener kosten die kwg 4 500 000 Euro. Diese Summe fördert die N-Bank mit 75 Prozent, „die Regel“, wie Kaufmann sagt. 85 Prozent gibt es nur im begründeten Einzelfall. Das sei hier nicht so. Umgerechnet bekommt die kwg aus Landesmitteln 3 375 000 Millionen Euro. Nach 20 Jahren erlässt die Förderbank davon 30 Prozent, macht 1 012 500 Euro.
Für weitere zwölf Wohnungen, die für mittlere Einkommen gedacht sind und 7 Euro pro Quadratmeter kosten, gibt es ebenfalls eine 75-Prozent-Förderung. Das sind 1 687 500 von 2 250 000 Euro. Einen Tilgungsnachlass gibt es hier nicht.
Die zwölf frei finanzierten Wohnungen, für die 9 Euro je Quadratmeter veranschlagt sind, zahlt die kwg aus eigener Tasche.
Wie Kaufmann betont, gibt es die Subventionen der niedersächsischen Investitionsbank auch nicht für lau. Zwar fielen keine Zinsen an, dafür zahle sein Unternehmen ein halbes Prozent Verwaltungsgebühr – jedes Jahr auf den vollen Darlehensbetrag; 0,25 Prozent nach Tilgung der Hälfte. Dazu kommt ein einmaliges Bearbeitungsentgelt in Höhe von einem Prozent auf den Darlehensbetrag.
"Es wird so dargestellt, als ob die kwg ein Geschenk erhält. Das ist jedoch nicht der Fall."
Matthias Kaufmann, Geschäftsführer der Kreiswohnbau
„Es wird so dargestellt, als ob die kwg ein Geschenk erhält“, sagt Kaufmann. Das sei jedoch nicht der Fall. Es handele sich um Mittel, die jeder in Niedersachsen erhält, der Sozialwohnungen baut, auch Privatinvestoren. Doch offensichtlich seien für diese andere Geschäftsmodelle lukrativer. „Wenn ich mich für sozialen Wohnungsbau entscheide, geht damit auch eine erhebliche Beschränkung meiner unternehmerischen Freiheit einher“, sagt Kaufmann. Wie bei der Miethöhe oder der Mieterauswahl. Die Stadt Sarstedt hingegen muss der Bank beweisen, dass ein Wohnungsmangel besteht. Das macht sie mit einem sogenannten Wohnraumversorgungskonzept.
Über 1000 Wohnungen hat die kwg in Sarstedt, und temporär einen Leerstand von zehn Wohnungen, meist aufgrund von Reparatur- und Kündigungslauf. „Es gibt eine Schlange an Leuten, die hier eine Wohnung suchen“, sagt Kaufmann.
Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung (Sarstedter Anzeiger), 19. September 2019